6. Zwerchfellfixierung
Eine asymmetrische Fixierung des Zwerchfells (Pfeiler, Kuppeln oder Centrum tendineum) geht häufig mit einer idiopathischen Skoliose einher. Der Schlüsselpunkt des Zwerchfells, der sich im 7. Interkostalraum[1] befindet, stellt zudem fast immer einen positiven Test auf der Seite des Rippenbuckels dar. Es ist anzumerken, dass sich Fixierungen des Zwerchfells, obwohl sie häufigvorkommen, selten als primär bei einer Skoliose erweisen. Die Balancierung des Zwerchfells bleibt dennoch von großem Interesse, um die osteopathische Behandlung abzuschließen und die Integration der vorgenommenen Korrekturen zu begünstigen.
7. Intraossäre Coxal-Torsion
Das Os coxae ist ein flacher Knochen, gebildet durch die späte Fusion von drei ossären Anteilen (Os Ilium, Os ischii und Os pubis), und deren Verbindungsstelle (cartilago ypsiloformis),die sich an der Acetabulum befindet. Der Verschluss der cartilago ypsiloformis erfolgt spät, nach 20 Jahren. Vor der Pubertät ist der Hüftknochen daher besonders den intraossären Läsionen zwischen den drei ossären Teilen ausgesetzt[2]. Eine Hüftdeformation kann dann zum Ausgangspunkt für manche Skoliosen werden, insbesondere die mit einer großen lumbalen oder thorakolumbalen Krümmung. Diese intraossären Läsionen des Os coxae können nicht durch Gelenktechniken (iliosakrale Manipulationen) gelöst werden, sondern erfordern eine spezifische Behandlung[3].
8. Filum terminale
Eine übermäßige Spannung des Filum terminales kann zu einer Erhöhung der medullären Zugkraft induzieren und dadurch während des Wachstums zu einer Akzentuierung der Wirbelkrümmungen in der Frontalebene[4] mit einer Verminderung der BWS-Kyphose in der Sagittalebene führen. Unsere persönlichen Statistiken zeigen, dass das Filum terminale bei etwa 30 Prozent der idiopathischen Skoliose überdehnt oder verschoben ist. Ohne unbedingt dominant zu sein, geht eine artikuläre oder intraossäre Läsion des Steißbeins häufig mit einer Läsion des Filum terminales einher.
9. Beinlängendifferenz
Hier verlassen wir den strikten Rahmen der idiopathischen Skoliose um über die Skoliose, die ein Ungleichgewicht des Beckens aufgrund einer Beinlängendifferenz zeigt, zu sprechen. Der Schlüssel der Behandlung liegt hier in der Früherkennung einer Beinlängendifferenz und der regelmäßigen osteopathischen Überwachung von Kleinkindern vor der Pubertät[5].
Die osteopathische Skoliose-Behandlung, die wir anbieten, gilt für alle Altersgruppen.
Beim Säugling muss man die Asymmetrien des Schädels (Plagiozephalie, Tortikollis) und des Beckens sowie die „Komma“-Stellung des Körpers besonders beachten. Diese Asymmetrien können, wenn sie weiter bestehen, zur Entwicklung einer Skoliose führen.
Bei Kindern ist es wichtig, nicht nur die Früherkennung einer Skoliose durchzuführen, sondern auch den Sinn einer präventiven osteopathischen Überwachung zu vermitteln. Im Falle einer beginnenden Skoliose bietet ein früher Beginn der Behandlung vor der Pubertät immer bessere Erfolgschancen.
Bei Erwachsenen sollte das Risiko einer Verschlechterung der Skoliose mit Entwicklung der Lendenwirbelsäule in einer Kyphose und einen lateralen Pseudospondylolisthesis nicht unterschätzt werden. Regelmäßige osteopathische Behandlungen sollten es ermöglichen, die Wirbelsäule wieder ins Gleichgewicht zu bringen (Reduktion der Verschiebung der occipital-Achse)[6], die Skoliose zu stabilisieren und den Patienten zu entlasten[7].
[1] Neuromuskulärer Punkt, der dem Akupunkturpunkt 46 Blase (Ge Guan, Zwerchfelltür) entspricht.
[2] Diese intraossäre Läsionen des Os Coxae können von Geburt an (intrauterine Fehlstellung) oder in der Kindheit (Trauma, Sturz auf das Gesäß) erworben werden.
[3] Dies ist einer der Gründe, warum es wichtig ist, zum Beispiel zwischen einem anterioren artikulären Ilium (in Bezug auf das Sakrum) und einen anterioren intraossären Ilium (in Bezug auf das Sitzbein oder das Schambein) unterscheiden zu können. Für die Korrektur mit Recoil der intraossären Läsionen des Os coxae, werden die Kontaktpunkte an Becken-, Sitzbein- oder Schambein durch spezifische Tests bestimmt.
[4] Wie eine Bogensehne, die die Krümmung eines Bogens verstärken würde.
[5] Allein dieses Thema verdient einen ganzen Artikel. Bei Vorliegen einer Beinlängendifferenz oder einer Varus-/Valgus-Stellung bei Kindern besteht die osteopathische Behandlung darin, das Wachstum von Femur und Tibia zu regulieren, indem man die Läsionen der intraossären Kraftlinien neutralisiert, den Wachstumsknorpel stimuliert und die Spannung der peripheren Nerven normalisiert.
[6] Die Occipital-Achse ist definiert als das Lot zwischen dem Dornfortsatz von C7 und der Glutealfalte. Eine Verschiebung der Occipital-Achse spiegelt ein laterales Ungleichgewicht des oberen Blocks (Kopf und Brustwirbelsäule) im Verhältnis zum unteren Block (Lendenwirbelsäule und Becken) wider. Unserer Erfahrung nach stellen diese „fehlausgerichteten Skoliosen“ bei Erwachsenen ein Risiko dar, sich zu einer degenerativen Skoliose zu verschlechtern.
[7] Mehrere Patienten mit schweren Skoliosen konnten dank der hier vorgeschlagenen osteopathischen Behandlung einen chirurgischen Eingriff vermeiden.